Sie wählen ihre Einspritzdüsen anhand der maximalen Motorleistung aus, um zu verhindern dass das Gemisch bei Vollgas abmagert. Aber warum dann nicht gleich die größten nehmen, die man bekommen kann?
Die Antwort hat mit den Pulsweiten beim Cruisen und im Leerlauf zu tun. Würden sie sehr große Düsen verbauen, würden die Pulsweiten sehr kurz geraten. Das kann die Steuerbarkeit des Gemisches während des Cruisens und im Leerlauf drastisch reduzieren, was wiederrum zu einem sehr schlechten Fahrverhalten und einem scheinbar seltsamen Verhalten beim Abstimmen führt.
Um das zu erläutern, nehmen wir mal an ihnen ist bekannt, dass ihr Motor den niedrigsten MAP bei einer Pulsbreite von 1,2 Millisekunden produziert. Die „Opening Time“ ihrer Düsen beträgt 1,0 ms (was als Standard erachtet wird). Wir rufen uns in Erinnerung zurück, dass die MS die Pulsbreite nur in Schritten von 0,1 ms variieren kann.
Erinnern wir uns auch noch daran, dass die MS davon ausgeht, dass während der „Opening Time“ kein Kraftstoff eingespritzt wird (was annähernd der Wahrheit entspricht, da die Düse geschlossen bleibt bis die Spule sich „geladen“ hat und erst gegen Ende der Opening Time aufschnappt). Wenn nun das Nettoergebnis der Anreicherungen sich um 2% ändert, ändert sich die Pulsbreite deshalb noch gar nicht. Selbst wenn es sich um 49% ändert, hat das noch keinen Effekt. Wenn jedoch 50% erreicht werden, ändert sich die Pulsbreite schlagartig auf 1,3 ms.
Also, der nächst magerere Schritt läge bei 1,1 ms und der nächst fettere Schritt bei 1,3 ms. Allerdings ist 1,3 / 1,2 x 100% = 8.3% fetter, sondern (1,3 – 1,0) / (1,2 – 1,0) = 50% fetter (Opening Time in der Berechnung nicht vergessen!). Das Gemisch würde sehr, sehr fett werden und der Motor würde sehr bescheiden laufen.
Um die Verwirrung bei ihren Abstimmarbeiten noch voranzutreiben; möglicherweise befinden sie sich mit einem Wert schon in der Nähe eines Schwellwertes, wo schon eine kleine Änderung an einem Parameter eine sehr große Änderung am AFR in einer Richtung zur Folge hat, in die andere Richtung jedoch kaum merkbar ist.
Aber korrigiert das nicht der EGO? Eigentlich kann er das gar nicht! Selbst wenn sie die Schrittweite („step size“) auf 1% stellen, wird sich nichts tun solange der 50% Grenzwert (hier die 1,3 ms) nicht erreicht ist. Da ist so, weil die „step size“ sich nur auswirkt, wenn einmal der 0,1 Grenzwert der Pulsbreite erreicht ist. Und wenn die Anzahl der Zünd-Ereignisse zwischen den Schritten groß ist, kann es sein das der Motor stockt und ausgeht bevor das Gemisch wieder abmagern kann. Man sollte lieber den „O2 Step“ hoch wählen (50%) und die Anzahl der Zündereignisse niedrig (sagen wir 2), so dass der Durchschnitt über mehrere Einspritzereignisse korrekt ist.
Der Wiederspruch ist offensichtlich wenn das Gemisch abmagert. Es müsste mindestens (1.1 – 1,0) / (1,2 – 1,0) = 50% abmagern, bevor irgendwas passiert. Wenn das Gemisch also abmagert, wird es wohl zu Fehlzündungen kommen und der Motor stirbt ab, bevor das Gemisch überhaupt die Chance hat fetter zu werden.
Sie denken jetzt vielleicht sie könne das umgehen, indem sie die „injector opening time“ verkleinern (um mehr Spielraum bei der verstellbaren Zeit zu bekommen) und das VE bzw. das Req_Fuel vergrößern, aber das funktioniert nicht! Denn die hier ideale Pulsbreite beträgt immer noch 1.2 ms und die zulässige Schrittweite immer noch 0,1 ms, ungeachtet dessen auf welche Weise sie die Pulsbreite zusammensetzen.
Und um das Ganze noch schlimmer zu machen, kommt die Tatsache hinzu, dass viele High-Performance-Motoren beim Cruisen noch kürzere Pulsbreiten fordern als im Leerlauf, inklusive der ganzen Probleme beim Abstimmen was letztendlich auch die Fahrbarkeit in Mitleidenschaft zieht. Ein System welches ähnlich kurze Pulsbreiten erfordert wie dieses Beispiel wird nur schwer abzustimmen sein. Es scheint keinerlei Anreicherung in einem weiten Bereich von Parametern (zum Beispiel IAT) stattzufinden, bis sich dann plötzlich eine so drastische Änderung einstellt, dass man glaubt es sei eine komplett neue Abstimmung notwendig.
Angenommen sie schaffen es trotz all der Probleme, einen perfekten Leerlauf trotz sehr kleiner Pulsbreiten hinzubekommen. Eine Änderung der Last, der Geschwindigkeit oder irgendeiner Variable (EGO, IAT usw.), was an und für sich vielleicht nur eine minimale Änderung am AFR erfordert, wird also niemals genau die 50% brauchen, die aber nur zulässig sind.
Das ist der Grund warum etliche Hersteller von Aftermarket-Einspritzanlage eine Leerlauf-Pulsbreit von mindestens 1,7 ms empfehlen. Wenn sie auf kürzere Pulsbreiten kommen, müssen sie sich auf jeden Fall mit dem Problem befassen, um ihren Motor für alle möglichen Zustände abstimmen zu können. Der „high-resolution code“ (hochauflösender Code) oder ein niedrigerer Kraftstoffdruck können geeignete Lösungen bieten. Letztendlich sind aber angemessen dimensionierte Einspritzdüsen oder „staged injectors“ die beste Lösung für dieses Problem.
Quelle: MegaManual unter http://www.megamanual.com/index.html